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Julian Lechner (re) und sein Geschäftspartner Simon Schubert
Fotocredit: Konstantin Reyer

Julian Lechner: Die Gastro ist perfekt für Quereinsteiger

Geschichten wie sie nur die Gastro schreibt



Job mit Aussicht: Er schmiss das Studium, um Koch zu werden: Nach Stationen in den besten Restaurants Österreichs eröffnet der Grazer Julian Lechner (27) nun sein erstes eigenes Lokal in Wien.


Vom Gault&Millau bis hin zum Kurier berichten die Medien über dein Restaurant, obwohl dieses noch nicht einmal geöffnet hat. Wie kommt es dazu?
Julian Lechner: Das hat sicher damit zu tun, dass wir ein Wirtshaus neu eröffnen, das in Wien seit mehr als hundert Jahren bekannt ist – das „Reznicek“. Und dann wird das wohl auch an uns liegen: Mit Simon Schubert habe ich einen Geschäftspartner und Freund zur Seite, der zu den besten Sommeliers des Landes zählt. Und auch ich konnte mir in den vergangenen Jahren als Koch einen guten Ruf aufbauen. Dieser eilt uns sozusagen voraus..


Du hast keinen klassischen Weg in die Branche gewählt, sondern hast dich als Quereinsteiger hochgearbeitet?
Julian Lechner: Tatsächlich bin ich nach Wien gekommen, um an der BOKU Umwelt- und Bioressourcenmanagement zu studieren. Ich habe aber rasch gemerkt, dass ich etwas Handwerkliches machen will und Kochen war schon immer meine Leidenschaft. Also habe ich Initiativbewerbungen versendet. Nicht an irgendwen, sondern gleich an die fünf besten Restaurants in Wien.


Wie war das Feedback?
Julian Lechner: Markus Mraz aus dem Restaurant Mraz&Sohn (Anm.: aktuell 4 Gault&Millau Hauben, 2 Michelin Sterne) hat sich als Einziger gemeldet und mir nach einem Probetag die Chance gegeben, den Beruf des Kochs zu erlernen. Im Nachhinein betrachtet war das die beste Station für mich, denn ich habe dort extrem viel lernen können. Ich bin vielleicht mit dem Abbruch meines Studiums ungewöhnlich in die Branche eingestiegen. Danach war es mir aber wichtig, dass ich die Lehre mache. Der Kochberuf ist ein Handwerk und die Ausbildung ist wesentlich.




Name:
Julian Lechner

Alter:
27

Kommt aus:
Graz

Kochte u.a.:
Mraz&Sohn, aend, Café Kandl


Wollte immer:
selbstständig sein


Eröffnet:
noch im März das „Reznicek“ in Wien


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Fotocredit: Konstantin Reyer


Eignet sich die Branche für Quereinsteiger besonders?

Julian Lechner: Das denke ich schon. Zu tun hat das meiner Meinung nach mit der Leidenschaft, die uns hier alle eint. Wer in der Gastro arbeitet, der lebt und liebt diesen Beruf. Du hast die Möglichkeiten in sehr kurzer Zeit viel zu lernen, in vielen unterschiedlichen Unternehmen zu arbeiten und ganz konsequent eine mögliche Karriere zu planen. Ich wollte immer in die Selbstständigkeit. Darauf habe ich hingearbeitet und darf das nun nach sieben Jahren im Kochberuf ausprobieren. In welcher anderen Branche ist das sonst möglich?

Das „Reznicek“ wird ein Beisl und kein Gourmet-Tempel – hattet ihr die Nase voll von Hauben und Sternen?
Julian Lechner: Überhaupt nicht. Es ändert sich mit dem neuen Lokal nur die Bühne – nicht aber der Anspruch. Da wie dort gilt es als perfekte Gastgeber aufzutreten und den Gästen ein außergewöhnliches Erlebnis zu bieten. Unsere Philosophie im „Reznicek“ wird es sein, eine klassische Gastwirtschaft zu bieten. Der Zugang ist niederschwelliger, der Fokus auf Geschmack und beste Produktqualität bleibt aber hoch, halt mit weniger Firlefanz am Teller. Letztendlich ist es egal, ob Gourmet oder Beisl – Qualität wird bei den Gästen immer gefragt sein.


Was ist für dich das Faszinierende am Job in der Gastronomie?
Julian Lechner: Die Leute, die in der Gastro arbeiten, sind eine große Familie, wie eine verschworene Gemeinschaft. Man hält zusammen und das gilt für die Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt. Natürlich ist es keine leichte Arbeit und auch zeitintensiv. Aber wir lieben das hier alles, es ist unser Leben. Und genau dieser Spirit ist es, der uns von anderen Branchen abhebt. Es ist kein 9-to-5-Job, es ist pure Energie. Was für mich ebenso wichtig ist – du bekommst sofort ein Feedback auf deine Arbeit. Das geben dir die Gäste und diese Wertschätzung ist etwas, das sehr wertvoll ist.

Jetzt warst du sieben Jahre Mitarbeiter in unterschiedlichen Positionen, nun wirst du erstmals Chef sein. Was können dein Geschäftspartner und du selbst dazu beitragen, dass die Branche neuen Nachwuchs anzieht?
Julian Lechner: Diese Frage beschäftigt derzeit natürlich alle. Ich hatte das Glück, dass meine Chefs immer voller Leidenschaft für ihren Beruf gewesen sind und auch voller Empathie. Die große Aufgabe wird es sein, den jungen motivierten Menschen in diesem Job auch langfristige Perspektiven zu bieten. Also klar aufzeigen, wo die Karriere hingehen kann und wie wir als Arbeitgeber diesen Weg begleiten. Faires Gehalt und klar definierte Arbeitszeiten sind heute sowieso Voraussetzung. Ich bin überzeugt, dass die Gastro eine große Zukunft vor sich hat. Ein Beruf, der Kreativität und Leidenschaft in so einem großen Ausmaß fördert, wird immer interessant bleiben.

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