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Fotos: (c) La Mur


Frankophiler Quereinsteiger

Geschichten wie sie nur die Gastro schreibt



Warum Michael Pendl das ORF-Mikro gegen den Zapfhahn tauschte und wie er die Gastro nach neun turbulenten Monaten als Quereinsteiger sieht.


Es war die Liebe zu Frankreich, die letztendlich den Ausschlag gab: Im vergangenen November eröffnete der ORF-Journalist Michael Pendl gemeinsam mit Gerald Hafner, dem Präsidenten des französischen Kulturinstituts in Graz, mit dem „La Mur“ ein französisches Bistro in bester Schlossbergplatz-Lage. Nach einem guten Weihnachtsgeschäft folgte für die beiden Quereinsteiger nach einem Wasserschaden zuerst eine aufwändige Sanierung im Februar und dann im März der Corona-bedingte Lockdown. Warum sie die Gastro trotz aller Rückschläge lieben gelernt haben, verrät Michael Pendl in unserem Interview.



Wir starten einmal mit einem Spruch, den du sicher schon oft gehört hast: Wer nix wird, wird Wirt. Was kannst du dieser „Weisheit“ nach neun Monaten Gastro-Erfahrung abgewinnen?
Michael Pendl: Ich habe den Spruch immer schon unpassend gefunden. Tatsächlich sage ich heute aber noch einmal lauter „Chapeau!“ an alle Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie. Diese Branche ist wirklich einzigartig und mit nichts zu vergleichen. Damit meine ich auf der einen Seite den Einsatz, der notwendig ist, um hier bestehen zu können und andererseits auch den positiven Spirit der Gastronomie, der aus meiner Sicht unvergleichlich ist.


Dabei hast du ja als ORF-Journalist einen ebenso spannenden Job …
Michael Pendl: Und diesen Job liebe ich nach wie vor, auch wenn ich ihn bedingt durch meine neue Aufgabe in der Gastro derzeit nur Teilzeit ausübe. Aber es gibt schon einige Überschneidungen. Beide Jobs brauchen ein gutes Maß an Flexibilität, Kreativität und auch die Liebe, sich mit anderen Menschen austauschen zu wollen. Wer diese Fähigkeiten mitbringt, kann auch als Quereinsteiger in der Gastronomie Erfolg haben.


Eignet sich diese Branche deiner Meinung nach für Quereinsteiger besonders?
Michael Pendl: Was sicher herausragend ist, ist die Geschwindigkeit, mit der du in der Gastronomie etwas erreichen kannst. Wer eine gute Idee mitbringt, dazu Fleiß und Durchhaltevermögen, der hat alle Chancen erfolgreich zu sein. Und was ich nach meiner kurzen Zeit in der Gastro auch bemerkt habe: Der Zusammenhalt in der Branche ist beeindruckend. Ich fühlte mich von Anfang an als Teil einer großen Familie.




Name:
Michael Pendl


Ist "eigentlich":
Journalist bei ORF Steiermark


Und nun auch:
Gastro-Quereinsteiger



Eröffnete:
gemeinsam mit Gerald Hafner im November 2019 das "La Mur" in Graz

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Für deinen Start in die Gastronomie hast du dir eine schwierige Zeit ausgesucht. Wie siehst du die Situation rund um Corona und die Gastronomie?
Michael Pendl: Wir tun uns in unserem Lokal insofern leicht, weil wir keine Vergleichszahlen haben. Ich kann die Situation also immer nur für den Moment einschätzen. Aufgefallen ist mir, dass die Gastro sehr flexibel auf die Ereignisse der vergangenen Monate reagiert hat. Es ist eine Branche, die meist nach Lösungen sucht. Und genau so haben wir das auch getan. Ja, es gibt derzeit weniger Touristen in der Stadt, was uns auf dem Schlossbergplatz natürlich besonders betrifft. Andererseits bleiben viele Grazerinnen und Grazer derzeit auch zuhause, suchen und finden ihr Urlaubsfeeling in diesem Sommer nun mitten in der Stadt. Das kommt unserem Konzept mit dem französischen Bistro natürlich zugute.


Warum überhaupt Frankreich als kulinarisches Thema?
Michael Pendl: Weil du nur das erfolgreich und mit Leidenschaft machen kannst, das du liebst. Und wir lieben dieses Land – seine Kultur, den Lifestyle und natürlich die Kulinarik. Mit dem „La Mur“ wollten wir einen Ort erschaffen, den man genauso gut in Paris finden könnte. Was bedeutet, dass wir eng mit Produzenten aus Frankreich zusammen arbeiten und hier natürlich auch vieles selbst machen. Meine Schwester Sabine Pendl ist gelernte Köchin und eine wahre Meisterin ihres Fachs. Von der täglich frischen Quiche in unterschiedlichen Variationen bis hin zu Croissants, die wir mit original französischem Mehl backen – es sind diese kleinen, aber wesentlichen Dinge, die den Unterschied ausmachen. Und genau das ist auch ein wichtiger Grund, warum die Gastro für mich zum Traumjob geworden ist. Ich kann mich in meinem Lokal mit all den Dingen beschäftigen, die ich liebe. Und noch besser: Ich gebe diese Leidenschaft weiter – die Zufriedenheit der Gäste ist letztendlich entscheidend und eine Wertschätzung, die viele Entbehrungen, die dieser Job mit sich bringt, wett macht.


Hast du eine Empfehlung für jene, die auch überlegen in die Gastro einzusteigen?
Michael Pendl: Wer so etwas mit Liebe betreibt, wird in dieser Branche sicher seine Erfüllung finden. Es ist ein eigener Zauber, der die Gastronomie umgibt. Um die großen Tipps zu geben, bin ich vielleicht zu kurz mit dabei. Aber natürlich kann ich schon einiges sagen: Es braucht Durchhaltevermögen – so viel ist sicher. Auch würde ich dazu raten, sich zu Beginn nicht auf große finanzielle Investitionen einzulassen. Wer sich aber traut und die Liebe zu den Gästen mitbringt, wird sich in einem Job wiederfinden, der einen jeden Tag fordert und im gleichen Maße mit unvergesslichen Momenten belohnt. Und geht es im Leben nicht genau um das?

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